UVP-Pflicht für Freileitung rückt näher – Bewilligungen wackeln

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) könnte schon bald dafür sorgen, dass die geplante 110-kV-Freileitung auf Umweltverträglichkeit geprüft werden muss. Bisher wurden alle solchen Anträge von den Behörden zurückgewiesen: "Nachbarn" hätten gar kein Antragsrecht. Eine ähnliche Auseinandersetzung in Kärnten wurde am 9. Oktober vor dem EuGH mündlich verhandelt – was nur in Fällen von weitreichender Bedeutung geschieht. Vieles deutet darauf hin, dass dieser Präzedenzfall die Bewilligungen für die Freileitung zu Fall bringt. Zumindest solange, bis rechtlich einwandfrei festgestellt wurde, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden muss.
Foto: Juliane Kokott ist Generalanwältin beim Verfahren vor dem EuGH. Sie hat schon in vorangegangenen Fällen Umweltanliegen zum Durchbruch verholfen.

Dies geht aus einer Pressaussendung des renommierten Wiener Umweltanwalts Dr. Wolfgang List hervor, der als Beschwerdevertreter bei der Verhandlung in Luxemburg teilgenommen hat. Besonders erwähnenswert für List: Der Vertreter der Europäischen Kommission plädierte in der Verhandlung ebenfalls, dass die österreichische UVP-Praxis dem Unionsrecht widerspricht. Eben das hatte bereits der österreichische Verwaltungsgerichtshof vermutet, als er den strittigen Fall Ende 2013 nach Luxemburg weiterreichte. Die gegnerische Stellungnahme der Republik bezeichnete List in seinem Plädoyer in vielen Punkten als in sich selbst widersprüchlich und durchsetzt von sachlichen Fehlern. Ein kleine Sensation ist, dass Generalanwältin Kokott ihre Schlussanträge äußerst kurzfristig bereits für den 13. November ankündigte. In den meisten Fällen folgt der Gerichtshof diesen Schlussanträgen.


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Für die verschiedenen Bewilligungen der Freileitung hieße ein Urteil im Sinne der Beschwerde: Sie müssten mindestens vorläufig außer Kraft gesetzt werden. Denn zuerst wäre dann über die vorliegenden Anträge auf Feststellung der UVP-Pflichtigkeit der Leitung zu entscheiden. Damit lägen auch die 56 Anträge der Energie AG auf Enteignung widerständiger Grundeigentümer auf Eis. Sollten die zuständigen österreichischen Richter die klaren Signale des EuGH ignorieren, wäre das juristischer Selbstmord, da aus der neuen Linie des Verwaltungsgerichtshofs klar hervorgeht, dass solche Urteile aufgehoben würden.

Mehr als Spekulation
Gerichtsurteile sind nie zu 100 Prozent sicher. Doch im vorliegenden Fall ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das Recht von Betroffenen, eine UVP zu beantragen, endlich durchgesetzt wird. Generalanwältin Kokott hat sich bereits in einem vorangegangenen Fall nicht gescheut, die Republik in Sachen Umweltrecht zu korrigieren. Im vorliegenden Fall steht die Republik allein gegen Lists durchgehend schlüssiges Plädoyer der Beschwerde und die gleichlautende Ansicht der Kommission, da ja selbst das eigene Höchstgericht Zweifel an der bisherigen österreichischen Linie hegt.
(Foto: RA Univ.-Doz. Dr. Wolfgang List, der auch mehrere Gemeinden und zahlreiche Grundeigentümer gegen die Energie AG vertritt)

Bei den Betroffenen wachsen nun wieder die Erwartungen, dass auch die Landespolitik die Zeichen erkennt und dem schon fast 5 Jahre währenden Hader ein Ende setzt. Es bedürfte bloß eindeutiger Signale auf Spitzenebene an die Energie AG, um die seit langem vorliegende und gutachterlich geprüfte Erdkabel-Alternative nun zügig zu projektieren. Eine ganze große Region wäre befriedet, die Stromversorgung für Wirtschaft und Haushalte dauerhaft gesichert – und vielleicht würden sogar jetzt noch manche Wähler das honorieren.

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Presseaussendung 09.10.2014.pdf22.1 KB
Plädoyer EuGH Univ.-Doz. Dr. Wolfgang List.pdf66.23 KB

Verfasst von 110kV ade am 10. Oktober 2014 - 9:11
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