Pühringer kandidiert 2015, doch: Was Politik ist, bestimmt ER. Oder Windtner?

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Freileitung oder Erdkabel – das sei keine Frage, die durch die Politik zu entscheiden ist. So klar hatte sich der Landeshauptmann bisher noch nie öffentlich zum Rückzug der Politik aus zentralen öffentlichen Belangen geäußert. Man darf das als Interpretationshilfe deuten: So ist also Pühringers Satz bei Verkündigung seiner erneuten Kandidatur für 2015 zu verstehen: "Die Politik braucht den Mut und die Kraft, manches anders, manches neu zu machen!" Das heißt offenbar auch, dass mitunter die Energie AG und nicht das Land über Gesundheit, Natur- und Umweltschutz, Landschaft und Grundeigentum entscheidet.

Foto: Die Chefs des Landes und der Energie AG eröffnen alles Mögliche – bloß kein Erdkabel. Das würde ja die Harmonie beeinträchtigen…

Der Amtseid des Landehauptmanns gebietet ihm, die Landesverfassung "getreu zu beobachten". Dazu gehört laut Artikel 10, seine Tätigkeit  "zum umfassenden Schutz der Umwelt so auszurichten, dass insbesondere die Natur einschließlich der Tier- und Pflanzenwelt, die Landschaft (…) in ihrer natürlichen Beschaffenheit möglichst wenig beeinträchtigt (…) werden." Doch Fehlanzeige! Zumindest dann, wenn es die Energie AG ist, die genau diese Beeinträchtigungen herbeiführt.

Zur 110-kV-Leitung Vorchdorf - Kirchdorf sagt Pühringer schon lange nichts mehr. Zum aktuell zweiten Freileitungsprojekt der Energie AG im Innviertel hat er sich Ende Juni immerhin geäußert – aber eben mit jener politischen Bankrotterklärung, dies sei keine Sache der Politik (siehe Anhang). Doch das ist Augenwischerei. Derselbe Landeshauptmann hat sich nämlich bei einem anderen Projekt derselben Energie AG (damals OKA) sehr wohl und sogar ganz massiv eingemischt – und zwar, um mit ÖVP-Mehrheit dessen Bewilligung zu erzwingen, unter Ausbootung der zuständigen Naturschutz-Landesrätin Barbara Prammer (✝). Die Rede ist vom Kraftwerk Lambach: 19 Jahre her, doch unvergessen! Pühringers Begründung damals: "Regieren heißt auch entscheiden."

Gehört die Energie AG dem Land oder ist es umgekehrt?
Es gibt da nicht viel zu deuteln: Der Wille der Energie AG geschehe – 1995 durch einen politischen Gewaltakt, heute durch Nichtstun. Im Fall Lambach war Leo Windtner erst im Vorjahr OKA-Generaldirektor geworden. Vor zwei Monaten wurde der 64-Jährige vom Aufsichtsrat noch einmal im Amt bestätigt. Zwischen den beiden Noch-nicht-Pensionisten (Windtner ist bloß ein knappes Jahr jünger als Pühringer) herrscht offenkundig bestes Einvernehmen. Dieses Einvernehmen geht so weit, sich ganz ungeniert wechselseitig die Hände in Unschuld zu waschen: Der Landeshauptmann macht – eigentlich verfassungswidrig – die Energie- und Umweltpolitik zur Angelegenheit der Energie AG, wenn er ihr die Erdkabel-Entscheidung überlässt. Windtner wiederum erklärt (2010): Nein, wenn die Politik ihm sage, dass sie diese Leitung nicht will, dann werde er sie nicht bauen. Na dann…

In der jetzt fast fünfjährigen Auseinandersetzung ist nie auch nur ein einziger Grund aufgetaucht, warum eigentlich das Land Oberösterreich die Energie AG gewähren lässt, wenn sie gegen die Bevölkerung und die Gemeinden einer ganzen Region ihre Freileitung durchpeitscht. Denn Schaden für das Allgemeinwohl richtet nur die Freileitung an. Das Erdkabel hingegen sichert die Stromversorgung ebenso gut – ohne irgendwelche nennenswerten Beeinträchtigungen. Die Landespolitik hat hier massiv Glaubwürdigkeit verspielt, und zwar weit über die Person Pühringers hinaus. Sie hat berechtigte Zweifel an ihrer Rechtsstaatlichkeit geweckt, ebenso wie an ihrer Ernsthaftigkeit in Sachen Eigentums-, Natur- und Umweltschutz. Es gibt bloß eine mögliche Erklärung für all das: Pühringer will das Erdkabel ausschließlich deshalb nicht, weil die Energie AG es nicht will. Und die will es nicht, weil sie um jede Million in ihrer Bilanz kämpft, möge sie noch so kurzfristig zu Buche schlagen. Sollen die Betroffenen halt 80 Jahre oder länger auf Stahlgittermasten und Seile schauen.

Energie AG: Lieber Bösewichter als Weicheier
Vielleicht noch wichtiger: Die Energie AG will in ihrer Branche nicht als die Weicheier dastehen, die als erste im österreichischen Stromkartell vor der Bevölkerung einknicken und die Forderungen nach einem 110-kV-Erdkabel erfüllen. Denn dann würden ja alle kommen. Und das wäre angeblich unbezahlbar. Nun weiß man in Österreich gut, was von derartigen Horrorszenarien der Energiekonzerne zu halten ist: Bekanntlich sind ja hierzulande "die Lichter ausgegangen", weil Zwentendorf nicht gebaut wurde…

Dass die Mehrkosten beim Bau einer Erdkabelstrecke in unserem Fall niemandem wehtun, haben wir oft genug dokumentiert. Auf Dauer wären Erdkabel jedenfalls die wirtschaftlichere Lösung – volkswirtschaftlich sowieso, unternehmerisch längerfristig zumindest im Hochspannungsbereich schon heute. Doch anscheinend ist die nächste Aktionärsversammlung wichtiger. Oder sogar die Freundschaft der beiden Cartellverbands-Brüder?

Nach uns die Sintflut? Ist das tatsächlich die "Politik" zweier älterer, ziemlich mächtiger Herren in Oberösterreich? Es kann immer noch gut sein, dass diese Politik hinweggespült wird, noch bevor Pühringer und Windtner abtreten. Dann nämlich, wenn es doch noch wirkliche Richter gibt; in Wien, Luxemburg oder sogar Linz. In acht schwebenden Verfahren für ein Erdkabel statt der Freileitung.


AUFRUF: Unterstützen Sie bitte diese Petition zur 380-kV-Salzburgleitung! Auch hier geht es um Erverkabelungen.


 

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Verfasst von 110kV ade am 16. August 2014 - 8:41
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